Zu Besuch bei meinem Patenkind

Beschreibung und Gedanken...


2003 führte mich eine längere Reise durch das südliche Afrika auch durch Malawi. Wenn man nicht weg schaute sah man in jedem der durchquerten Länder Armut, die mit nichts in der „westlichen Welt“ zu vergleichen ist. In Malawi hatte mich diese Armut gepaart mit einer unglaublichen Lebensfreude am meisten berührt. Die strahlenden Gesichter über eine leere Wasserflasche werde ich sicherlich nie mehr vergessen (die leeren Flaschen werden benötigt um sich irgendwoher Wasser zum Trinken zu besorgen). Daher habe ich mir schon auf der Reise damals überlegt wie ich helfen kann. Eigentlich wollte ich kein Geld an größere Organisationen spenden, da ich keine Organisationskosten bezahlen wollte. Nach einigen Recherchen im Internet habe ich mich dann aber doch für SOS-Kinderdorf entschieden, da zugesagt wird, dass bei einer Patenschaft das Geld ausschließlich für das „Patenkind“ verwendet wird.

Felicity So wurde ich „Patin“ von Felicity Tekesa. Schon 2003 war es mir ein Bedürfnis mein „Patenkind“ kennen zu lernen und dieses Jahr konnte ich es endlich verwirklichen und flog am 10.11.2006 nach Lilongwe/Malawi. Am Flughafen standen sieben Kinder und die SOS-Mutter samt einem Fahrer aus dem SOS-Kinderdorf um mich abzuholen. Ehrlich gesagt war es eher befremdlich, als mich Margaret, die SOS-Mutter, kräftig an sich drückte und dann Felicity eher gewaltsam zu mir schob, damit sie mich begrüßte. Im Minibus des Dorfes hat sich Felicity dann auch gleich auf die hinterste Reihe verzogen, rückte dann aber im Laufe der Fahrt etwas weiter nach vorne. Sie, schaute mich scheu an, lächelte kurz wenn ich sie ansah und drehte dann aber sofort verschämt den Kopf zur Seite. Das sollte auch eine ganze Weile anhalten.

Selma & Lois
Ihre leiblichen Schwestern, die Zwillinge Selina und Lois, waren mit ihren acht Jahren die jüngsten und die aufgeschlossensten Kinder in der Familie. Alle anderen brauchten eine längere Anlaufzeit um mich wenigstens offen anzusehen.

Womit ich schon bei einem grundsätzlichen Problem bin. Mein Englisch ist nicht sonderlich gut, aber eine Verständigung mit den Kindern war überhaupt nicht möglich. Vielleicht habe ich auch etwas zu viel erwartet, von den meist kleinen Kindern, die zwar englisch in der Schule lernen, aber im alltäglichen Leben nur Chichewa sprechen. Sie haben, egal wie sehr ich mich bemüht habe, bei meinen Worten kichernd den Kopf zur Seite gedreht. Ganz ab und zu bekam ich ein „yes“ zur Antwort, aber die darauf folgende Reaktion zeigte mir dann doch, dass sie mich nicht verstanden haben.


Ein paar Beispiele für die Schwierigkeiten bei der Verständigung:

Kartenspielen ist eine Tätigkeit, die die Kinder u.a. jeden Tag machen. Einmal saß Felicity alleine mit den Karten da und ich fragte sie, ob sie mit mir spielen wolle. Sie sagte: „Yes“, nahm die Karten und verschwand.

Mpatso Mit Mpatso, die immerhin schon um die 18 Jahre ist, kam ich nach einer Einkaufstour in einen heftigen Regenguss und selbst meine Unterwäsche konnte ich danach auswringen. Da es der letzte Tag war musste ich die Wäsche irgendwie trocken bekommen. Am Abend holten mich ein paar Kinder, darunter auch Mpatso zum Essen ab. Ich hielt ihr das Unterhemd hin, um ihr zu zeigen dass es immer noch nass war und sagte ihr, dass es nicht trocken wird. Sie nahm es mir freudestrahlend aus der Hand und bedankte sich überschwänglich bei mir.

Margaret Aber auch mit Margaret,der Mutter, gab es solche Missverständnisse. Es gab eine Hochzeit, zu der sie mich mitnahm. Auch Saidi, der älteste Sohn in der Familie war da. Er fragte seine SOS-Mutter, ob ein Mädchen, auch aus dem SOS-Kinderdorf, dazu kommen darf. Sie sagte ja und nach kurzer Zeit meinte Margaret dann zu mir: „I come, I come to stay with this two“ (wobei sie das Mädchen und Saidi am Hemd packte und rüttelte) und verschwand. Ich dachte natürlich, dass sie wieder kommt, aber gemeint hatte sie, dass sie geht und ich mit den beiden bleiben sollte. So gab es einige Begebenheiten, die den Aufenthalt schon sehr anstrengend gemacht haben.

Misilata Zu meiner Erleichterung reagierte die zehnjährige Misilata auf einen Lehrer, der ins Haus kam und sie auf Englisch was gefragt hatte ebenfalls mit einem kichernden Kopf Wegdrehen und gab erst Antwort, als er seine Frage auf Chichewa wiederholt hatte. Nach drei Jahren Englisch in der Schule ist eine freie Unterhaltung wohl etwas viel verlangt, da hilft auch die Note sehr gut nicht wirklich.


Das SOS-Kinderdorf ist in einem großen Gelände, welches von einer hohen Mauer mit Stacheldraht umzäunt ist. Diese dient zum Schutz vor Dieben. Der Eingang ist mit einem großen Tor verschlossen, das von einem Security-Mann bewacht wird. Es gibt neben zwölf Familienhäusern einen Kindergarten, Primary- und Secondaryschool, ein Medical-Center, eine Sozialstation sowie ein Reha-Center.
Wohnhaus Kindergarten Kindergarten Schule
Wohnhaus Kindergarten Kindergarten Schule
Klassenzimmer Klassenzimmer Reha-Center Medical-Center
Klassenzimmer Klassenzimmer Reha-Center Medical-Center

Im Medical-Center und Reha-Center werden auch Personen aus dem angrenzenden Stadtteil mit betreut. Die Ärzte leben nicht im Dorf, sondern kommen zum Arbeiten von außerhalb. Genauso wie die Lehrer und Kindergärtnerinnen. Die SOS-Mütter leben im Dorf. Sie haben pro Monat vier freie Tage und vier Wochen Urlaub im Jahr. Ansonsten sind sie durchgehend im Dorf. Immer zwei Häuser zusammen haben dann noch eine permanente „Tante“, die wochenweise abwechselnd in den beiden Häusern wohnt, sowie eine Tante, die von sieben bis 16 Uhr anwesend ist. Die Tanten sind dadurch eine weitere Bezugsperson für die Kinder, wenn die Mutter im Urlaub ist, oder gar krank wird. Auch wenn ein Kind mal ins Krankenhaus muss ist dann eine der Tanten dabei.


In jedem Haus leben bis zu zwölf Kinder. Die Mütter bekommen alle 14 Tage Geld, wovon sie das Essen, Kleider, Schulhefte, Strom und Wasser bezahlen müssen. Wie viel es ist kann ich nicht sagen, aber es reicht um etwas davon für besondere Anschaffungen zu sparen. So hat z.B. jedes Haus einen kleinen Fernseher und ein Radio.




Es gibt fließendes Wasser und, wenn es mal ausfällt, eine Wasserpumpe.


Es gibt auch Strom, der fällt allerdings regelmäßiger aus als das Wasser. Wenn er gerade zur Kochenszeit ausfällt wird einfach im Freien auf offenem Feuer weiter gekocht.


Tiyamike Felicity lebt im Haus Nummer 11 mit dem Name Tiyamike, was Frieden bedeutet. Es leben zurzeit elf Kinder da. Acht Mädchen, in einem Zimmer, und drei Jungen, die sich zwei Zimmer teilen können. Mädchenzimmer Auf meine etwas erstaunte Nachfrage erklärte mir Margaret, dass es nur daran liegt, dass so viele Mädchen da sind. Wären es mehr Jungen müssten die in das große Zimmer. Das passt dann auch wieder zu dem Gesamtbild, welches ich erlebt habe. Jeder muss alles machen, egal ob Junge oder Mädchen. Alle helfen der Reihe nach beim Kochen, Putzen, Wäsche waschen und sonstigen Arbeiten.

Kartoffeln schälen Kartoffeln waschen
Saidi, Goodwell
und Felix beim
Kartoffeln schälen
Felix wäscht
Kartoffeln
Mpatso beim
Salat zubereiten
Falazia kocht
Nsima
Felicity beim Putzen

Speiseplan Es gibt einen Wochenspeiseplan, der vorschreibt, wann es was zu essen gibt. Jeden Tag gibt es mindestens ein mal Nsima. Fisch Das wird aus Mais gemacht, etwa so wie Grießbrei, das man mit einem speziellen Löffel als „Fladen“ auslöffelt. Dies wird dann mit den Händen gegessen, was mir sehr leicht fiel, vor allem, wenn es verhältnismäßig kleine getrocknete und dann wieder gekochte Fische dazu gab und ich damit die Augen zupacken konnte, bevor ich sie in den Mund gesteckt habe. Nsima und Reis gab es immer riesige Töpfe voll. Fleisch, Huhn und Fisch, sowie Gemüse musste dann schon recht sorgsam aufgeteilt werden, damit auch der letzte noch was davon bekommen konnte. Es hat sich eingebürgert, dass ich das Essen verteilt habe und ich habe es so hinbekommen, dass ich als letzte zwar einen Anstandshappen bekommen habe, aber mehr auch nicht. Da ich jede Mahlzeit mit der Familie gegessen habe war mir das auch wichtig, da ich mir die nötigen Vitamine und Nährstoffe auch wieder zu Hause zuführen kann. Nach dem Essen gab es Bananen. Die sind weitaus billiger als alles andere was es an Obst zu kaufen gibt. Jedes Mal, wenn ich in der Stadt war, habe ich Ananas, Äpfel und Mangos mitgebracht um etwas Abwechslung rein zu bringen. Es gab allerdings auch wilde Mangobäume im angrenzenden Ackergelände, wo sich die Kinder zwischendurch immer bedient hatten. Diese Mangos waren allerdings immer hart. Ob das nun am Reifegrad lag, oder die wilden Mangos anders sind konnte ich nicht herausfinden.

ngumbi Eine Zwischenmahlzeit bestand aus Ameisen. (Es gibt ngumbi, fliegende Ameisen mit weißen Flügeln, und fulufute, lt. Chichewa-Englisch-Wörterbuch eine Art essbarer Ameisen). Die Kinder haben sie unaufhörlich gesammelt, zum Trocknen in die Sonne gelegt, immer mal wieder in die Tasche gesteckt, dann gerecht aufgeteilt um sie zwischendurch zu essen.

Fliegende Ameisen

Aber auch auf meiner einzigen Tour nach Sambia habe ich das erlebt. Unsere Begleiter stellten eine große Schüssel voller Wasser unter die Lampen, die dann morgens voll mit Ameisen war, samt der Flügel die sie verloren hatten. Die wurden dann geröstet und gegessen. Nein, wir brauchten das nicht zu essen. *g*


Der Zusammenhalt der Kinder ist unbeschreiblich. Es wird immer alles untereinander aufgeteilt. Es gibt nicht so was wie: das ist meins. Ich habe versucht jeden Tag irgendwas zum Naschen mitzubringen, dafür hatte ich Unmengen Kekse, Mentos, Kaugummi und Traubenzucker mitgenommen. Meist waren noch andere Kinder zum Spielen da, sodass ich immer mehr, als nur für elf Kinder was dabei hatte. Einmal hatte ich ein Stück Traubenzucker übrig und gab es Selina, da sie gerade alleine neben mir stand. Sie hat mir dann angedeutet es durchbrechen zu wollen und sagte: „Lois“ (ihre Zwillingsschwester), die dann auch die Hälfte bekam.

Ein anderes Beispiel dazu: Ein Mädchen aus dem Nachbarhaus hatte eine Puppe, der man Flüssigkeit einflößen konnte die dann unten wieder raus kam. Der weiche Gummikopf dieser Puppe war aus dem harten Plastikkörper rausgerissen worden, die Schläuche für die Wasserzufuhr aber noch intakt. Ich fragte nach einem Schraubenzieher, bekam dann mehrere Metallteile, die nicht viel mit einem Schraubenzieher zu tun hatten und die man hier höchstens auf dem Schrottplatz findet. Ich habe es wirklich hin bekommen, die Schrauben im Körper aufzudrehen, den Kopf einzusetzen und das alles wieder zusammen zu setzen. Ich glaube das war der größte Freudenausbruch den ich über die ganze Zeit erlebt habe. Die Kinder rannten vor Freude laut jubelnd umher und zeigten jedem die Puppe. Das Mädchen dem die Puppe gehört, kam, nachdem sich der Trubel etwas gelegt hatte, zu mir um sich herzlich auf Englisch zu bedankt. Aber: Falazia, die bis dahin den Teddybär auf dem Rücken herum getragen hatte bekam erst mal die Puppe, die sie dann die nächsten Tage auf dem Rücken herum trug.

Eine weitere Begebenheit: Bei den Geschenken war auch ein großer Schminkkasten dabei mit durchsichtigem rosa Nagellack. Irgendwann hatte Mpatso ihre Nägel lackiert. Da ich diesen Schminkkasten nie mehr wieder gesehen habe kann ich nur vermuten, dass der Nagellack daraus kam. Da ich selbst noch roten Nagellack bei mir hatte fragte ich sie ob sie auch gerne rote Fingernägel hätte. Sie sagte begeistert ja und ich gab ihn ihr. Am nächsten Tag hatten alle Kinder rote Fingernägel, selbst Saidi hatte einen roten Daumen.

Die ganze Zuwendung und Zärtlichkeit, die Kinder brauchen geben sie sich untereinander. Sie knuddeln sich, trösten sich und haben insgesamt sehr engen Körperkontakt.

Dagegen ist mir das zwischen Kindern und Erwachsenen nicht aufgefallen. Im Gegenteil, es herrscht eine gewisse Ehrfurcht vor den Erwachsenen. Wenn man die Mutter etwas fragt geht man auf die Knie, wenn man ins Haus geht wird angeklopft. Fängt ein Kind an zu weinen sind sofort andere Kinder da um es zu trösten, nie aber die Mutter, zumindest bei Kleinigkeiten nicht. Was Ernstes musste ich glücklicherweise nicht erleben. Wahrscheinlich war diese Distanz - Erwachsene zu Kindern - auch das, was mir bis zum Schluss keinen wirklichen Kontakt zu den Kindern gebracht hat. Das fand ich für mich sehr schade. Ich habe jeden Tag ständig zwischen den Kindern gesessen, aber musste mir jede Art von „Hallo, ich bin da“, erkämpfen. Hand aufhalten, um auch Karten zum Mitspielen zu bekommen, mich vor das Seil stellen um auch mit springen zu dürfen oder den Fotoapparat herausholen.

ngumbi Beim Spielen gibt es keine Unterschiede, sie spielen oft alle zusammen, egal wie alt und ob Junge oder Mädchen. Auch Jungs häkeln. Allerdings wird nicht mit einer Häkelnadel sondern mit leeren Kugelschreiberminen gehäkelt. Gestrickt wird mit irgendwelchen abgebrochenen Antennen, oder sonstigen halbwegs brauchbaren Gegenständen. Da Wolle eine Rarität ist, gibt es ein paar Knäule zusammengeknoteter Wollstücke, mit denen dann z.B. eine kleine Umhängetasche gehäkelt wird. Die wird dann ein paar Tage oder auch nur Stunden vorgeführt, um sie dann aufzuziehen und daraus vorübergehend eine Mütze zu häkeln. Wenn ein Kind anfängt zu häkeln sind dann bald alle dabei. Das gleiche gilt für alle Beschäftigungsarten. Immer machen alle, oder die meisten mit.



Seilhüpfen mit einem zerrupften Abschleppseil,
Kartenspielen mit Karten, die man kaum noch unterscheiden kann.




Auch ein Spielball ist nur ein zusammengeknotetes Bündel aus irgendwas.





Die Spielsachen die ich mitgebracht hatte sorgten zwar erst mal für große Freude, aber außer dem Bär und einem Kinder-Picknickgeschirr im Rucksack war das recht schnell vergessen. Der Bär diente als Baby-Ersatz um zu Üben, wie man Kinder auf den Rücken bindet. Falazia mit ihren ca. 13 Jahren hat ihn ständig auf dem Rücken herum getragen.


Die Wasserfarben waren auch ein lustiges Ereignis. Es kamen noch ein paar Kinder vom Nachbarhaus, jedes Blatt wurde von mindestens zwei Kindern gleichzeitig bemalt und innerhalb von zwei Stunden waren alle vier Malblöcke vollgemalt.


Die beiden Softbälle die ich mitgebracht hatte waren in den ersten Tagen noch die Spielbälle, aber wurden bald durch das oben beschriebene undefinierbare Knäuel ersetzt.



Entweder spielen damit nun andere Kinder aus dem Dorf, oder Margaret hat sie erst mal weggepackt bis das Knäuel endgültig auseinander fällt. Das Gleiche hatte sie auch mit den Kleidern gemacht. Wenn man sich all meine Bilder ansieht könnte man meinen ich hätte sie an ein bis zwei Tagen gemacht. Die Kinder hatten so gut wie immer die gleichen, reichlich zerrissenen Kleider an. Lediglich wenn wir Ausflüge machten, oder sonntags für den Gang in die Kirche wurden die guten Kleider herausgegeben. Auf die Frage wer entscheidet was die Kinder anziehen erklärte mir Margaret, dass sich die Kinder ihre Kleidung selbst aussuchen.




Das Leben beginnt morgens um fünf Uhr. Ab 5:30 Uhr und dann über den ganzen Tag hört man den Gärtner, der schwungvoll die Hecken mit einer Machete zurecht hackt, Männer und Frauen, die mit einem Reisigbesen Laub zusammenkehren, die Klänge von kleinen Trommlern die auf allem herumtrommeln was ihnen vor die Hände kommt.




Singen und tanzen tun sie alle. Aus jedem Haus hört man es immer wieder. Da ich die Gelegenheit hatte eine Programm über die Ausbildung der SOS-Mütter zu lesen, kann ich das damit erklären, dass singen fröhlich machen soll und es scheint zu funktionieren. Sie lachen den ganzen Tag.




Aber durch die intensive Erfahrung in der Familie habe ich auch ernste Blicke festhalten können.


Das war etwas schwierig, da die Kamera, sobald ich sie in der Hand hatte, das Interesse weckte und die Kinder faxen machend vor mir herumgetollt sind. Sie haben sich dann köstlich über die Bilder, die sie auf dem Display gesehen haben amüsiert.




Da es ja Beginn der Regenzeit war, war die Reisezeit nicht sehr glücklich gewählt. Nicht dass es fast jeden Tag mal, meist sehr kurz, geregnet hatte war schlimm, sondern die meist unerträgliche Schwüle, vor allem in Räumen und Nachts. Da ich jede Nacht ein Moskito zu Besuch hatte musste ich auch noch bis über den Kopf unter einem Laken schlafen, da es zwar ein Moskitonetz gab, das allerdings voller Löcher war. Und es war schon ohne Laken viel zu warm.

Durch die Regenzeit kam ich aber auch in den Genuss beim Aussäen von Mais helfen zu können. Angrenzend an das Dorf gibt es einen großen Acker, auf dem jede Familie ein eigenes Feld hat auf dem sie Mais pflanzen. Geeggt wird natürlich in Handarbeit mit einer Hacke. Zum säen wird mit der Ferse ein Loch gehauen, chemisch behandelter Maissamen eingestreut und mit dem Vorderfuß das Ganze wieder zugedrückt.



Schon nach ein paar Tagen war der erste Erfolg zu sehen und nach einer Woche waren es schon kleine Pflänzchen. Schade, dass ich bei der Ernte nicht dabei sein kann.




Es werden eigentlich alle anfallenden Arbeiten mit den Händen erledigt. Wäsche wird mit der Hand gewaschen und dann etwas unorthodox über die Leine geworfen. Die Kinder sind dafür selbst verantwortlich und spätestens wenn es zu regnen anfängt rennen sie los um sie vor einer erneuten Wäsche zu retten.



Reis wird in großen Säcken gekauft und muss, bevor er gekocht werden kann, erst mal von Steinen befreit werden. Dafür wird er etappenweise in eine große Bastschale gekippt und stundenlang von den Kindern abwechselnd durchwühlt und von Steinchen und anderem Unrat befreit.



Ab und an wird gebacken. Die dafür benötigten „gemahlenen“ Haselnüsse werden in fleißiger Handarbeit so fein gestampft, dass sie wirklich so aussehen, wie wir sie abgepackt in Tüten kaufen können. Nachdem eine ganze Weile mit dem Riesenstößel geklopft wurde kommt das Ganze in die große Bastschale und wird mit einer bestimmten Taktik so geschüttelt, dass die noch gröberen Körner sich von den Feinen trennen. Die kommen dann wieder in den Trog um weiter gestampft zu werden. Das wird so lange wiederholt bis alles gleichmäßig fein zerstampf ist.



Felicity auf dem Siegertreppchen Dass ich so viel, vor allem mit den Kindern erleben konnte liegt an dem glücklichen Zufall, dass eine Woche nachdem ich ankam die Schulferien anfingen. Während der Schulzeit geht der Unterricht von acht Uhr früh bis spätestens 16 Uhr am Nachmittag. Da die Schule ja auf dem Gelände ist kommen die Kinder zum Mittagessen nach Hause. Schulkleidung ist, wie im ganzen Land Pflicht und gute Leistung wird belohnt. So gibt es z.B. einen Computerraum. Am Computerunterricht dürfen allerdings nur die besten Schüler aus den höheren Klassen teilnehmen. Am letzten Schultag gab es Zeugnisse und Felicity, die Dritte (von 40) wurde hat geweint als sie zuhause ankam, weil sie gehofft hatte Erste zu sein.


Ursprünglich hatte ich ja vor mehrere Touren zu machen um etwas mehr von dem Land kennen zu lernen. Daher machte ich mich gleich am Anfang auf den Weg um mich bei Kiboko-Safaris nach Touren zu erkundigen. Leider wurde wegen mangelnder Nachfrage nur eine Vier-Tage-Tour in den South-Luangwe Nationalpark angeboten. Da habe ich dann gleich die nächstmögliche Tour gebucht und bezahlt. Saidi Saidi, der älteste Sohn, hatte mich in die Stadt begleitet. Das war einerseits sehr hilfreich, da ich mich überhaupt nicht auskannte, andererseits war es sehr ernüchternd.
Ich musste die 325 $, die diese Tour kostet, in Kwatcha (Malawische Währung) bezahlen, da ich keine Dollars bei mir hatte. Machte 46.000 Kwatcha, was ein riesiges Bündel Geld ist, da der größte Schein eine 500er Note ist. Anfangs war ich darüber eher gedankenlos, aber als dann der Batzen Geld auf dem Tisch lag und Saidi, der neben mir saß doch sehr große Augen bekam habe ich mich sehr geschämt. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von weniger als einem US-Dollar pro Tag (Stand 2005) und ich habe nichts Besseres zu tun, als so eine Menge Geld im Beisein eines jungen Menschen auf den Tisch zu blättern, der noch nicht mal irgendein eigenes Geld hat. Das hat mich die ganzen vier Tage beschäftigt. Auch die sechs Mitreisenden haben durch ihr „Wegschauen“ den Ausflug nicht schöner gemacht und ich kam zu dem Entschluss mich erst gar nicht um weitere Ausflüge zu bemühen, sondern die Zeit bei der Familie zu verbringen und den ein oder anderen Ausflug mit ihnen zu unternehmen.



Lyn Gleich nachdem ich zurück war sprach ich mit Lyn, der Sozialarbeiterin, darüber. Ich plante eine Fahrt nach Dedza, wo es Felsmalereien geben soll und zwei Fahrten zum Malawi-See. Sie fand die Idee gut und der Minibus sollte uns gegen eine Tankfüllung Benzin jeweils fahren. Zwei Tage bevor die Fahrt nach Dedza stattfinden sollte ging ich noch einmal ins Büro um das Bezahlen und die Abfahrtzeit zu klären. Da meinte Lyn dann, ich sollte erst mal mit dem Direktor sprechen. re: Henry, der Direktor, li: Mark unser Fahrer Er erklärte mir, dass kein Benzin mehr im Bus sei. Auf meine Ansage, dass ich ja das Benzin bezahle meinte er, dass wir erst mal mit Lyn sprechen müssten. Wir gingen dann gemeinsam zu ihr um dort festzustellen, dass das erst mit dem Nationaloffice geklärt werden müsste. Im Endeffekt ging es darum, dass es eine Tankkarte gibt, die erst aufgefüllt werden musste. Da alle Ausgaben vom Nationaloffice überwacht werden, mussten die erst ihr okay dazu geben, was letztendlich kein Problem war, nur hat alles in allem einen halben Tag gedauert.

Lyn hatte mir erzählt, dass es in Mua sehr schön sei, aber über eine Fahrt dorthin hatte ich nicht mit ihr gesprochen und ich wollte auch erst einmal die Felsmalereien sehen.
Daneben soll es in Dedza eine Töpferei geben und dort ganz in der Nähe ein Lokal wo man gut essen kann. Sie hat dann aber ohne weiter mit mir darüber zu reden dem Fahrer gesagt, dass er uns nach Mua fahren soll. Da das eine weitere Strecke ist wurde der Benzinpreis von 7.000 Kwatcha (ca. 40 Euro) auf 11.000 Kwatcha (über 60 Euro) aufgestockt, zur Sicherheit! Wir fuhren dann endlich um zehn Uhr los, ich immer noch der Meinung, dass wir nach Dedza fahren. Nach stundenlanger Fahrt mit zwei Pausen, wo ich Kekse und Fanta/Cola kaufte, kamen wir in Mua an. In Mua ist eine Mission, die ein französischer Missionar gegründet hat um die malawische Kultur zu erhalten. Es ist ein sehr schöner Ort mit einem interessanten Museum, allerdings nicht für kleine Kinder geeignet, zumal man in das Museum erst ab 18 Jahren hinein darf. Da wir nicht angemeldet waren gab es auch nichts zu essen und auch Getränke waren nicht zu kaufen. Auch der Versuch in einem angrenzenden Dorf etwas zu essen zu bekommen scheiterte. Margaret meinte, ich solle mir keine Sorgen machen, auf dem Rückweg essen wir in Salima. Margaret, Mpatso, Saidi, Mark, der Fahrer und ich sind dann in das Museum, die Kinder mussten draußen warten. Ich war wirklich entsetzt, aber auf alles was ich dazu sagte folgte die Antwort: „Ist doch kein Problem“.

Als wir uns dann wieder auf den Heimweg machten hielten wir in einer Lodge direkt am Lake Malawi, die der Fahrer kannte. Margaret wirkte nicht sehr begeistert, sie wollte ja lieber weiter nach Salima. Aber die Kinder waren glücklich, sie konnten sich im See austoben, bis das Essen fertig war.





Es war schon später Nachmittag als wir mit dem Essen fertig waren und losfahren wollten. Alles saß im Auto, aber das gab keinen Ton von sich. Es wurde an allen Kabeln gerüttelt, alle möglichen Teile überprüft, aber nichts half. Mark meinte, er müsse im SOS-Dorf anrufen, damit uns jemand abholen kommt. Zwar haben alle Erwachsenen ein Handy aber keine Gesprächseinheiten drauf. Also gab ich Mark Geld um eine Telefonkarte zu kaufen. Er meinte, dass sie 700 Kwatcha kostet, von den 1000 die ich ihm gegeben habe bekam ich allerdings nichts mehr zurück. Dann war er erst mal eine Weile weg um die Karte zu besorgen und nach dem Telefonat erklärte er mir, der Fahrer sei schon unterwegs. Mittlerweile war es schon dunkel. Zirka eine Stunde später hielt mir jemand ein Handy hin. Es meldete sich Henry, der Direktor vom SOS-Dorf und meinte, I’m so sorry, aber wir können heute nicht mehr abgeholt werden und müssten dort übernachten. Wir bekamen sechs Zimmer, mit je zwei Betten. Die kleinen Kinder mussten zu zweit im Bett schlafen. Dass ging natürlich alles auf meine Rechnung. Was mich allerdings am meisten befremdet hatte war eine Frau hinter dem Tresen der „Bar“, die mich, sobald sie alleine war, erst gefragt hat ob ich Interesse an einem Mann hätte und später, als sie mich noch mal alleine erwischte um Geld zur Reparatur ihres Hauses angebettelt hat.


Am nächsten Tag dauerte es ewig bis der Minibus des Medical-Centers kam, der uns abschleppte und gegen 17 Uhr waren wir, nach einer abenteuerlichen Fahrt wieder zurück im SOS-Dorf. Allerdings musste ich dafür noch einmal 5000 Kwatcha für Benzin zahlen, da der Abschleppbus sonst nicht zurückgekommen wäre. Das ging plötzlich ohne Nationaloffice und Tankkarte. Wir fuhren einfach an eine Tankstelle und füllten den Tank voll. Alles in allem war dieser Ausflug zumindest für mich nur nervig.


Da nun der eigentliche Bus erst mal kaputt war, war die für Dienstag geplante Fahrt zum See dahin. Es gab verschiedene Aussagen von: „Das ist nur eine Kleinigkeit und ist morgen repariert“ bis „Der Bus muss in die Werkstatt und die arbeiten sehr langsam“.


So war ich jeden Tag im Office um den aktuellen Stand zu erfragen und immer wieder hieß es morgen. Der für Samstag geplante Ausflug an den See fand dann, nach langem hin und her, mit der selben Arie, sprich mit dem Direktor, der mich dann wieder zu Lyn schickt die dann mit dem Direktor zusammen mit dem Nationaloffice sprechen muss, statt. Obwohl der reparierte Bus ja noch dreiviertel voll war und auf der Karte eh mehr Geld eingezahlt war, als die Tankfüllung ausmachte musste ich erst mal wieder 7000 Kwatcha für eine Tankfüllung bezahlen. Geärgert habe ich mich darüber schon, aber habe es dann, ohne weiter darüber zu reden als Spende an das Dorf angesehen. Wenn das Benzin, das vom Nationaloffice eingeteilt wird, alle ist, bleibt der Bus halt stehen und so haben sie etwas mehr Freiraum, tröstete ich mich.


Wenn SOS-Familien einen Ausflug an den See machen, was nicht sehr oft vorkommt, da sie ebenfalls eine Tankfüllung bezahlen müssen, nehmen sie das Essen mit. Da ich ihnen ja etwas besonderes bieten wollte habe ich ihnen gesagt, dass wir am Lake Essen gehen. Margaret fragte mich dann noch, ob der Fahrer, diesmal war es ein anderer, sein „child“ mitnehmen darf, was ich natürlich bejahte. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass es sich um zwei Kinder handelte fuhren wir mit 16 Personen am Samstag früh um acht Uhr zum See. Die Unterhaltung auf Chichewa zwischen dem Fahrer und Margaret konnte ich zwar nicht verstehen, aber ich hörte immer mal wieder „Livingstonia Lodge“. Ohne sie zu kennen kam mir der Verdacht, dass das kein sehr günstiges Vergnügen wird. Wir fuhren dann wirklich in eine prächtig angelegte Anlage und der Fahrer stellte mich dann einem vornehm gekleideten Bediensteten mit den Worten vor: „This ist the sponser of all our children“. Ich schluckte erst mal als ich das ganze Anwesen überblickte und der Fahrer erklärte mir ganz stolz, dass das die beste Lodge vor Ort sei. Das hab ich auch selbst gesehen. Ich konnte mir nicht verkneifen zu sagen, dass es dann auch bestimmt die Teuerste sei. Auf der Fahrt hatte ich am Geldautomat den Höchstbetrag abgehoben, 20.000 Kwatcha, war mir aber nicht sicher, ob das überhaupt für alles reicht. Die lapidare Antwort des Fahrers war dann, hier kann man auch mit Karte bezahlen. Man hat es mir dann doch angemerkt, dass ich mir etwas überfahren vorkam, Margaret, der Fahrer und Felix wollten dann schon gar nichts mehr essen, was ich natürlich nicht zugelassen habe.


Das Essen wurde bestellt und als es gerade serviert war kamen Fischer mit frisch gefangenem Fisch angepaddelt. Der kostet beim Direktkauf ein Bruchteil von dem, was man auf dem Markt zahlt und hatte daher erst mal Vorrang. Scharenweise kamen Menschen an die ebenfalls Fisch kaufen wollten und weitere Fischer, die natürlich ein ganzes Stück weiter weg ihre Fische feilgeboten haben. Es wurde stundenlang um den Preis gefeilscht. Als endlich alle Fische gekauft waren war das Essen kalt. Eine mochte keine Karotten, die blieben dann auf dem Teller liegen, die Nächste war die Fleischmengen nicht gewöhnt und ließ sie liegen und wieder jemand anders ließ eine gerade angetrunkene Flasche Cola zurück. Die 20.000 Kwatcha haben genau gereicht, aber das Essen war eher schlechter, zumindest wesentlich weniger, als in der Lodge wo wir übernachtet haben und dort hatte ich nur 6.000 Kwatcha gezahlt. Es war nicht der Betrag als solches, der mir aufgestoßen ist. Für die 20.000 Kwatcha wurden mir 120 Euro vom Konto abgezogen. Aber die Selbstverständlichkeit mit der fremdes Geld ausgegeben wird, in einer Höhe, wo sie normalerweise monatelang von leben müssen hat mich schon gestört. Und auch hier waren es wieder nur die „Großen“ die überhaupt was davon hatten. Nachmittags machten wir uns dann auf den Heimweg.


In Malawi kann man alles Mögliche am Straßenrand kaufen. Jeder der in der Nähe zur Straße wohnt stellt das, was er zu verkaufen hat einfach an den Straßenrand. Selbst Gebackenes findet man genauso wie alle Arten von Holz und Säcke voller Mangos.


Auch die hier zu kaufenden Mangos sind wesentlich günstiger, als wenn man sie auf dem Markt kauft. Daher gab es dann einen längeren Aufenthalt, denn mit den ca. zehn Frauen, die jeweils einen großen Eimer voller Mangos vor sich stehen hatten musste auch erst stundenlang gefeilscht werden, wer was für wie viel verkauft. Obwohl wir schon vor 17 Uhr losgefahren sind und die Fahrt nur eineinhalb Stunden dauern sollte waren wir erst um 22 Uhr zurück. Margaret brachte erst einen Teil ihrer Einkäufe zu ihrer „echten“ Familie, der Fahrer ebenfalls und alleine das kreuz und quer durch Lilongwe fahren dauert recht lange, da außer der Hauptstraße kaum eine Straße gepflastert ist.



An meinem letzten Sonntag gab es im SOS-Dorf eine Hochzeit. Die Tochter einer Lehrerin heiratete in der überdachten Freiluftaula der Schule. Nach malawischem Brauch wird dabei für die Eltern der Brautleute sowie für die Brautleute selbst gesammelt. Es flogen reichlich Fünf-Kwatcha-Scheine (0,02 €) die dann in die für alles brauchbaren Bastschalen eingesammelt wurden.



So ging mein Aufenthalt langsam dem Ende zu. Henry, hatte mir schon versichert, dass ich zum Flughafen gefahren werde und dafür auch nichts bezahlen müsse. An meinem letzten Montag bin ich dann ins Office um die Abfahrt für Mittwoch zu klären. Henry meinte nur: “remember me, that we have to discuss” und weg war er. Abends sprach ich dann mit Lyn über die Abfahrt und zur Sicherheit gab ich eine Stunde früher an, als ich wirklich da sein musste. Fast die ganze Familie begleitete mich zum Flugplatz und obwohl alles geklärt schien, war - bis wir wirklich losgefahren sind - nicht klar wann es losgeht. Trotz all meiner Befürchtungen waren wir pünktlich am Flughafen. Da ich ja einen früheren Zeitpunkt angegeben hatte, musste ich fast drei Stunden warten bis das Einchecken überhaupt losging. Es war gar keine Frage dass sie alle mit mir warteten. So gab es noch eine letzte Runde Fanta. Als ich dann meine sieben Kilogramm Gepäck aufgegeben hatte, mit über 50 Kilogramm bin ich losgefahren, war es dann so weit, wir mussten Abschied nehmen. Felicity saß wie versteinert weinend am Boden und war auch nicht mit Gewalt von Margaret dazu zu bewegen aufzustehen. Die anderen Kinder standen ebenfalls unbeweglich auf der Stelle und so zusammengerückt, dass mir Umarmungen nicht gelangen, die „Mauer“ war immer noch zu hoch. Margaret war die Einzige, die ich dann weinend umarmte.



Alles in allem muss ich sagen, dass es in jeder Beziehung vier sehr anstrengende Wochen waren, auch wenn es immer wieder rührende Momente gab. Ich habe täglich sämtliche Arten von Gefühlswallungen durchlebt, von Glücksgefühlen über Trauer, Angst (bei den Autofahrten), Frust, bis mich fehl am Platz zu fühlen. Ich habe festgestellt, dass die Kinder im SOS-Kinderdorf im Verhältnis zum größten Teil der Bewohner, sehr privilegiert leben. Die Verwaltung ist enorm und mindestens so bürokratisch wie bei uns. Es herrscht auch eine Art von Überwachung, die ich nicht vermutet hätte. Regelmäßig werden die Häuser auf die hygienischen Zustände kontrolliert, Lehrer und Sozialarbeiter gehen in den Familien regelmäßig ein und aus um nach dem Rechten zu sehen. Wenn die Mütter das Dorf verlassen müssen sie sich beim Wachdienst abmelden und wenn sie wieder zurückkommen zurückmelden. Alles das hat mich auf den ersten Blick eher erschreckt. Da kam dann auch schnell die Frage, ob das der richtige Weg ist zu „helfen“. Mit meinem Besuch habe ich sicherlich allen Kindern, mit denen ich zu tun hatte immer wieder mal eine kleine Freude bereitet, aber als Hilfe kann man es nicht sehen. Auch die Institution SOS-Kinderdorf habe ich zwischendurch in Frage gestellt, da mir meine anfänglichen Gedanken über das Bezahlen von Organisationskosten wieder in den Kopf gekommen sind. Sicherlich wird das Geld für das Kind ausgegeben, aber trotzdem zahlt man damit auch die Organisationskosten, zumindest vor Ort, die ja auf die Kinder umgelegt werden. Dem gegenüber stehen aber die Kinder, die alle! eine traumatische Vergangenheit haben. Bei einigen sieht man die körperlichen Folgen, einige sind nicht gelaufen andere haben nicht gesprochen, als sie in das Dorf kamen. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Malawi ist in den letzten Jahren auf 32,5 Jahre gesunken. Inzwischen leiden 30 bis 55 Prozent der Bevölkerung an AIDS, das für beinahe dreiviertel aller Todesfälle verantwortlich ist. Wenn man in einem „normalen“ Dorf eine Frau fragt wie viel Kinder sie hat bekommt man als Antwort: „vier Eigene und sechs Fremde“. Das hat mir auf dem Rückflug eine Studentin erzählt, die fünf Wochen im Rahmen eines Projektes in einem Dorf in Malawi gelebt hat. Sie erzählte mir, dass sie innerhalb dieses Projektes mit zehn Leuten in Malawi zusammen gearbeitet hat und diese innerhalb dieser fünf Wochen vier Todesfälle zu beklagen hatten. Die Kinder werden dann von Angehörigen aufgenommen.
Erst wenn es keine Angehörigen mehr gibt, oder diese nicht mehr in der Lage sind die Kinder mit zu versorgen, sie vernachlässigen, ausbeuten oder gar misshandeln schaltet sich eine offizielle Instanz ein. Diese entscheidet dann, ob das SOS-Kinderdorf benachrichtigt wird. Mit Lyn (die Sozialarbeiterin vom SOS-Kinderdorf) habe ich öfter abends zusammen gesessen und sie hat mir das Schicksal einiger Kinder im Dorf erzählt. Es ist erschütternd zu hören, was diese kleinen Geschöpfe alles erlebt haben.



Sicher werde ich irgendwann wieder mein Patenkind und ihre ganze Familie besuchen, denn ich habe sie alle ins Herz geschlossen. Allerdings werde ich das dann ganz anders organisieren und ehrlich gesagt weiß ich noch nicht im Geringsten wie.



Bei allen die sich die Mühe gemacht haben diese vielen Seiten bis zum Schluss zu lesen möchte ich mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit bedanken.
Ich hoffe ich konnte einen kleinen Einblick über meine Erlebnisse, sowie das Leben in einem SOS-Kinderdorf geben.


Malawiback to Malawi

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